Kürzlich hat sich einer meiner großen Wünsche erfüllt: ich durfte in einem echten Holzbackofen in einem historischen Backhaus backen. Im Holzbackofen gebacken habe ich ja nun schon mehrmals. Bei meiner Freundin im Garten mit einem kleineren mobilen Holz Backofen. Und bei Günther Weber auf dem Lorettohof in Zwiefalten in seinem wirklich sehr großen Holzofen (Bericht folgt noch).
Leider hatte sich noch nie ergeben, dass ich in einem echten Backhaus backen konnte. Obwohl es hier in der Umgebung fast in jedem Dorf so ein Backbaus gibt, musste ich nun doch ein paar Jahre warten, bis es endlich soweit war …
Backkurse im Backhaus Grafenberg
Umso begeisterter war ich nun, dass ich die Möglichkeit hatte im Backhaus von Grafenberg bei Metzingen zu backen. Das wird rege genutzt und eine sehr engagierte Gruppe bringt Interessierten den Umgang mit dem Holz Backofen bei. Das Anfeuern und Backen mit Holz ist gar nicht mal so ohne…
Seit kurzem gibt es dort auch immer wieder Backkurse zu verschiedenen Themen. Ich habe am speziellen Dinkel Back Kurs teilgenommen. Wer wie ich ganz gerne Dinkel isst und einfach mal probiert hat Weizen 1:1 durch Dinkel zu ersetzen, der hat schon das eine oder andere trockene Backwerk hergestellt. So war es wirklich spannend einige Basics rund um das Backen mit Dinkelmehl zu lernen.
Tricks rund um Vorteig, Brühstück und die Verarbeitung wurden ausführlich „am Objekt“ erklärt. Und nebenbei wurden fast 40 kg Mehl verbacken. Ich bin ja etwas neidisch auf diese riesige Teigknetmaschine…
Hergestellt wurden ganz drei verschiedene Backwaren:
- schwäbische Dinkel Seelen mit Kümmel und Salz
- italienische Foccacia – eine Art ligurisches Fladenbrot
- Knuspriges Dinkelbrot mit Flohsamen
Flohsamenschalen für das perfekte Dinkelbrot
Flohsamenschalen? Die sind übrigens total gut geeignet, um dem Dinkelteig möglichst viel Wasser zuzuführen, so dass er sich aber trotzdem gut bearbeiten lässt. In einem Brühstück verarbeitet binden sie ohne Probleme mindestens das 20-fache ihres Eigengewichtes an Wasser. Und sorgen noch dazu für eine gute Verdauung 😉
Neben reichlich spannender Theorie wurde auch fleißig selbst angepackt. Schließlich wird der Dinkelteig umso fluffiger, wenn man ihn regelmäßig dehnt und zieht. Diese Technik erklärte Kursleiter Bernd Wahl und wir durften fleißig mit anpacken. Bei einigen Kilo Teig kann man sich dann auch das Fitnessstudio sparen…
Aber: ich war sehr überrascht wie gut sich die ehemals extrem weichen Dunkelteige dann doch verarbeiten liessen. Da klebte gar nichts und mit nassen Händen konnte man alles wunderbar bearbeiten.
Besonders praktisch sind auch die rechteckigen Boxen. Der Teig lässt sich super lagern und da sie auch perfekt sind, um Übernacht Gare Teige im Kühlschrank zu „parken“ habe ich mir gleich ein Set bestellt. Und ja: man kann den Teig total klasse dehnen und falten darin. Super Tipp!
Beim Brot rund wirken für die Gärkörbe zeigte sich dann, dass viele meiner Mitbäckerinnen ebenfalls viel Erfahrungen beim Brotbacken haben. Die Laibe sahen aus wie gemalt.
Die meisten Teilnehmerinnen backen bisher mit den normalen Gärkörbchen und waren hier begeistert von den Holzschliff Körben. Nach meinem Mehlmotten Chaos vor einiger Zeit bin ich direkt auf Holzschliff umgestiegen und total begeistert.
Ordentliches Feuer im Backhaus Holzbackofen
Während wir fleißig die Backwaren vorbereitet haben, wurde schon ein ordentliches Feuer im Backhaus gemacht. Hier musste man sich wirklich keine Sorgen machen – Feuermeister Eberhard ist mehr als erfahren und hat das Backhaus ordentlich eingeheizt.
Und Hitze ist nicht gleich Hitze… jede Holzsorte gibt ein etwas anderes Feuer. Und ganz wichtig: man braucht nicht nur gut gelagertes Holz, sondern auch Reisigbüschel z.B. von geschnittenen Obstbäumen, um das Feuer überhaupt zu entzünden. Die sollten rund ein Jahr lagern… das Backen im Backhaus will also gut geplant sein.
Ist die Zieltemperatur erreicht, wird die Glut im integrierten Aschekasten entsorgt. Jetzt muss aber unbedingt der Ofen sauber gemacht werden, da man die Brote ja nicht in der Asche backen möchte. Das geschieht mit einem riesigen Wischmopp – und sorgt kurzfristig für einen Sauna Effekt im kleinen Backhaus…
Dinkelseelen aus dem Holzbackofen
Zuerst kommen die Dinkelseelen in den Holzbackofen. Diese werden nicht klassisch geformt wie Brote oder Brötchen. Für schwäbische Seelen reißt man mit nassen Händen (oder einer Teigkarte) längliche Teigstücke ab. So entsteht die typische Seelen Form. Eine echte Seele ist ein wirkliches Unikat. Wer also beim Bäcker gleichmäßige Seelen sieht, weiß genau diese sind nicht wirklich traditionell von Hand gemacht.
Die schwäbischen Dinkel Seelen kommen auf große Bleche, die vorher unbedingt gut geölt werden müssen. Sind sie schlecht geölt, bringt man dadurch den ansonsten tiefenentspannten Kursleiter kurzfristig in Wallung … Eine Erfahrung, die dieser nicht nochmals erleben muss, ebenso wie die Verteidigung gebackener Seelen Bleche vor hungrigen freilaufenden Hunden 😉
Die Seelen werden dann nur noch mit Kümmel und ordentlich groben Salz bestreut und kommen bei einer Temperatur um die 300 Grad in den Ofen. Übrigens: auch im Traditionellen Backhaus wird mit hochmodernen Methoden die Holzbackofen Temperatur gecheckt. Da geht man lieber auf Nummer sicher!
Die Dinkelseelen sehen doch super aus, oder? Und wie die geschmeckt haben… herrlich. So frisch aus dem Ofen schmecken sie einmalig gut.
Größte Herausforderung ist es meines Erachtens die Ofenhitze mit der perfekten Garzeit abzustimmen. Sind die Seelen „drüber“, werden sie flach. Ist der Ofen zu kalt oder fehlt Unterhitze gehen sie nicht nach oben hin auf… das sind alles Dinge, die man in jahrelanger Erfahrung lernen muss.
Als nächstes kamen dann die Dinkel Brote in den Ofen. Hier wurde Hand in Hand gearbeitet. Brote aus dem Gärkorb auf den leicht bemehlten Schieber stürzen und mit einer Rasierklinge über Kreuz einschneiden.
Dinkelbrote einschießen in den Holzbackofen
Jetzt schnell die vorbereiten Brote mit dem Holzschieber in den Holzofen einschließen: hier zeigt sich die Erfahrung!
Nur wer den Ofen richtig gut kennt, weiß wie er möglichst viele Brote auf kleinstem vorhandenen Platz unterbringt. Und das möglichst schnell: man will schließlich nicht die ganze Hitze im Backhaus haben, sondern weiterhin im Ofen..
Ganz zum Schluss kamen noch die Bleche mit der jeweils veredelten Focaccia Fladen dazu. Die wurde vorher wahlweise mit Kräutern, Käse und Zwiebeln gepumpt. Reichlich Olivenöl durfte hier ebenfalls nicht fehlen.
Dank Holzbackofen Tetris wurde dann auch der letzte Millimeter ausgenutzt, um diese unterzubringen. Hier sieht man auch wunderbar, wie die Brote aufgehen!
Jetzt darf im Backhaus probiert werden!
Mein bester Moment? Als ich das erste Stück von den noch ofwarmen frischen Dinkel Seelen gegessen habe. Die waren ganz wunderbar knusprig und innen luftig. Und geschmacklich habe ich selten zuvor so eine gute Seele gegessen.
Auch die würzigen Foccacia waren richtig lecker. Vor allem die Variante mit Rosmarin und Zwiebeln fand ich köstlich.
Dazu gab es ein Viertele Metzinger Wein. Und noch einen wunderbaren Marillen Schnaps, den der Mann einer Mitbäckerin spontan vorbei brachte. Guter Mann! 😉
Mir hat der Dinkel Holzofen Kurs im Backhaus Grafenberg richtig viel Spaß gemacht. Auch wenn ich dort eigentlich niemanden kannte, wurde ich total herzlich aufgenommen.
Die Gruppe hat wunderbar harmoniert und wir hatten großen Spaß. Dank der fundierten Anleitung durch Bernd und Eberhard habe auch ich noch einige Tipps und Tricks mit nach Hause genommen.
Der Rest steht im wirklich ausführlichen Handout mit einigen denke Rezepten, die ich auf alle Fälle nach backen werde. Mal sehen… vielleicht klappt es ja tatsächlich, dass wir nochmals zusammen backen. Dann soll es Rahmkuchen, Zwiebelkuchen und ein knuspriges Holzofenbrot geben. Dazu passt ja dann auch wieder wunderbar der köstliche Marillenschnaps 😉
Ihr wollt selbst mal im Backhaus backen?
Dann gibt es zwei Möglichkeiten:
- Ab Mai finden wieder Backkurse statt. Im April muss das Backhaus renoviert werden. Wendet Euch an gerne an Eberhard Rabaa kelter-grafenberg@gmx.de.
- Wenn mehrere Blogger aus der Region Lust haben, können wir sicher gerne einen gemeinsamen Termin vereinbaren. Also kommentiert 🙂
6 comments
Das hört sich nach einer ganz tollen Erfahrung an und die Seelen sehen absolut köstlich aus. Wir sind da auch Team Dinkel und wären bei einem gemeinsamen Termin sehr gern dabei!
Viele Grüße
Eva und Philipp
Oh, da beneide ich Dich aber! Früher gab es das bei uns im Dorf auch, da wurde regelmäßig vom Landfrauenverein im Backhaus gebacken. Das war toll! Heute wohne ich ja nun weit weg und in Bayern scheint es diese Tradition des Backhauses nicht zu geben…
Das liest sich total super, jetzt verstehe ich auch den Flohsamen und werde mal damit experimentieren. Und der Wunsch nach einem Ofen für 300° flammt wieder auf…
Komme aus Reutlingen und hätte großes Interesse an einem Brotbackkurs.
Ich melde mich, sobald es hierzu News gibt 🙂
Hallo miteinander
Mich würde interessieren ob ihr noch Brotbackkurse anbietet.
Grüße aus Wernau